Ohne Verwaltungskosten kein professionelles Fundraising
Nach der Flutkatastrophe Mitte Juli ist das Thema Spenden wieder verstärkt auch in meinem privaten Umfeld zur Sprache gekommen. Froh und geduldig habe ich hier und dort erklärt, warum spenden sinnvoll ist, wie man das am besten anstellt und was ich noch mal genau beruflich mache. Und ich war auch nicht sauer, wenn – selten! – die Frage kam: „Was, und ihr werdet dann von den Hilfsorganisationen bezahlt? Von Spendengeldern, oder wie?“ Ja, Stefanie, das werden wir. Mit dem Argument: „Wir sind wahrscheinlich die einzigen Dienstleister, die mehr Geld bringen, als sie kosten“, lässt sich Stefanies Erstaunen ja leicht auflösen. Spätestens in Kombination mit der Frage: „Wie oft würdest Du denn abseits von solchen Katastrophen vor Deiner Haustür spenden, wenn Dich nie jemand drum bitten würde?“
Zu 100 Prozent geflunkert
Was mich aber doch immer wieder ein bisschen ärgert, sind Formulierungen von Organisationen – oder auch, wie neulich gehört, von Großspendern – wie: „… da geht die Spende zu 100 Prozent an die Flutopfer.“ Super, Roland, das klingt ja erstmal wirklich gut für die Flutopfer. Aber dann hättest Du es ja eigentlich auch selbst in Stolberg-Vicht auf irgendeine übriggebliebene Parkbank legen können, Dein Geld.
Ist es nicht besser, wenn Deine Spende in die Hände von Profis kommt, die wissen, wie man solche Mittel sinnvoll einsetzt? Wie man sie gerecht und effektiv verteilt – so, dass sie wirklich da weiterhelfen, wo es gerade dringend nötig ist? Wünschst Du Dir am anderen Ende der Überweisung nicht Profis, die in der Lage sind, Dir eine gültige Spendenquittung auszustellen? Die Personal vorhalten, um zum Beispiel sicherzustellen, dass Compliance-Vorgaben in der Organisation nicht nur erarbeitet, sondern auch eingehalten werden – und dass kein einziger von Deinen sauer verdienten Euros in die Leasingrate für das Auto des Vorstandsvorsitzenden fließt? Die ausreichend Know-how und Budget in Spendenwerbung stecken, damit es viele Menschen gibt, die es Dir gleich tun – und die Spendensummen dann ausreichen, um wirklich etwas zu bewegen?
Diese und viele weitere notwendige und wichtige Tätigkeiten einer gemeinnützigen Organisation kosten Geld. Die Profis, die sich in den Organisationen für das Wohl unserer Gesellschaft einsetzen, müssen auch ihre Miete zahlen und Brötchen kaufen. Nur mit ehrenamtlicher Tätigkeit kann man das große Rad nicht drehen, das gemeinnützige Organisationen in unserem am Laufen halten. Und Unternehmensstiftungen, deren Verwaltungskosten vom Mutter-Unternehmen getragen werden (oder ähnliche Konstrukte) sind super – aber die Ausnahme. Bitte denk doch daran, lieber Roland – stellvertretend für viele andere – wenn Du das nächste Mal Wert darauf legst, dass Deine Spende zu 100 Prozent dem Spendenprojekt zugute kommt. Das ist nämlich einer von diesen Wünschen, von denen Du in Wirklichkeit gar nicht möchtest, dass sie in Erfüllung gehen.