FUNDStücke

Die Markenbekanntheit kirchlicher Organisationen: Chance und Herausforderung

Verloren in der Vergangenheit oder fit für die Zukunft?

Die katholische Kirche ist häufig Kritik ausgesetzt. Sei es aufgrund von Missbrauchsskandalen oder wegen der oftmals als konservativ empfundenen Weltanschauung – viele sehen „die Kirche“ in einem schlechten Licht, und das fällt oft auf kirchliche und christliche Hilfsorganisationen zurück.

Strukturell gesehen gibt es in Deutschland die Amtskirche, die sich grob in Erzbistümer, Bistümer, Dekanate und Pfarreien untergliedert. Abteien und Klöster werden diesen oft zugeordnet, sind jedoch von ihnen unabhängig.

Je nach Orden organisieren sie sich weltweit selbst in ihren eigenen Ordensstrukturen und bekommen beispielsweise keine Kirchensteuern, sofern sie nicht bestimmte Dienste für Gemeinden oder Bistümer übernehmen.

Ebenso gibt es zahlreiche Hilfsorganisationen mit christlichem Hintergrund, die ebenfalls nicht der Institution Kirche angegliedert sind.

Vermutlich kennen die meisten Menschen diese Feinheiten nicht und meinen mit „die Kirche“ sowohl die Institution mit ihren Strukturen als auch alle Organisationen mit christlichem Hintergrund.

Das ist mit Sicherheit einer der Gründe, warum sich christliche und vor allem kirchennahe Organisationen mit einigen Vorurteilen konfrontiert sehen.

„Die Kirche hat doch genug Geld!“

Eines der größten Missverständnisse: Kirchennahe Organisationen werden doch wohl durch Kirchensteuern finanziert – warum dann noch spenden?

Susanne Meierhofer ist Leiterin der Abteilung Fundraising und Spenderkommunikation beim internationalen katholischen Hilfswerk missio München. Sie verrät uns über deren Finanzierung: „Kirchensteuermittel erhalten wir nur in geringem Maße.

Unser Auftrag ist es, benachteiligten Menschen in Afrika, Asien und Ozeanien beizustehen. Um dem nachkommen zu können, sind wir dringend auf Unterstützung angewiesen. Mehr als 66% unserer Einnahmen gehen auf Spenden und Kollekten zurück. Darüber hinaus erhalten wir zweckgebundene Fremdmittel, sowohl von staatlichen als auch von kirchlichen Institutionen. Diese machen etwa 26% unserer Gesamteinnahmen aus.”

Fakt ist also: Kirchennahe Organisationen erhalten zwar gegebenenfalls finanzielle Mittel aus Kirchensteuern, aber nicht immer und bei Weitem nicht genug, um ihr Wirken durch sie finanzieren zu können.

Um das Missverständnis aus der Welt zu schaffen, ist Transparenz angesagt. Der Jahresbericht einer jeden Organisation sollte unbedingt klar aufführen, ob sie Kirchensteuern erhält und wie hoch der Anteil ist.

Doch sind wir mal ehrlich: Nur wenige Spender*innen lesen den Jahresbericht.

Deswegen kann es sinnvoll sein, wichtige Kennzahlen auch anderweitig publik zu machen, zum Beispiel in ansprechend gestalteten Beiträgen in den sozialen Medien oder in Blog-Artikeln.

Die klare Kommunikation des Spendenbedarfs ist das A und O – vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass immer mehr Menschen aus der Kirche austreten und die Mittel aus Kirchensteuern sinken.

„Zukünftig müssen wir uns darauf einstellen, dass die Unterstützung aus Kirchensteuern – die, wie schon erwähnt, bei uns einen geringen Anteil der Einnahmen ausmacht – zurückgehen wird.

Umso wichtiger ist es, dass wir unsere treuen, zum Teil schon jahrzehntelangen Spender*innen an unserer Seite wissen dürfen“, erzählt uns Susanne Meierhofer.

„Zudem ist es zwingend notwendig, weitere Unterstützer:innen für unsere Anliegen zu gewinnen, um zukunftsfähig zu bleiben.“

Der ewige Kampf gegen das schlechte Image

Christliche Organisationen bekommen häufig die volle Breitseite der Vorurteile gegen die katholische Kirche zu spüren.

„Wir sehen, dass die Kirche in Deutschland von der zunehmenden Säkularisierung stark betroffen ist, die Skandale der jüngeren Zeit haben das ihrige dazu beigetragen. missio steht an der Seite derjenigen in der Kirche, die die sich für lückenlose Aufklärung einsetzen“, berichtet Susanne Meierhofer.

Sie betont, wie wichtig es ist, sich den Negativbeispielen entgegenzustellen. Die Menschen müssen immer wieder daran erinnert werden, dass diese keineswegs repräsentativ für die Gesamtheit der katholischen Kirche und christlicher Organisationen sind.

Bei missio hat man unter anderem so darauf reagiert: „Unser Haus hat eine umfassende Kinderschutz-Policy erarbeitet und achtet strengstens auf Transparenz in der Mittelvergabe.“

„Weitere Vorurteile sind verkrustete Strukturen, eine undurchsichtige Finanzstruktur oder die Weltfremdheit“, zählt Susanne Meierhofer auf.

Gleichzeitig erläutert sie die Antwort von missio: „Wir zeigen das positive, lebendige Engagement der weltweiten Kirche in all ihren Facetten, die daran arbeitet, aus dem Geist des Evangeliums die Lebensumstände für alle zu verbessern – vor allem für benachteiligte Menschen in den Ländern des globalen Südens.“

Dieses positive Engagement kann zum Beispiel seelsorgerische oder Jugendarbeit sein, dessen Erfolgsgeschichten man dokumentieren und kommunizieren kann. So gibt man den positiven Auswirkungen christlicher Arbeit eine Bühne.

Die Erfolgsgeschichten der Funktion der Kirche als sicherer Hafen für alle Menschen fördert nicht nur das Image der Kirche im Allgemeinen, sondern verringert auch die Zweifel an der Sinnhaftigkeit von Spenden an christliche Organisationen.

Der große Vorteil kirchlicher Organisationen? Die Markenbekanntheit!

Absolut jede*r kennt die katholische Kirche und die Motive der christlichen Religion.

„Die katholische Kirche ist dank der Gemeinschaft der Weltkirche ein Global Player mit einem umfassenden Netzwerk und muss keine ortsfremden Helfer einsetzen. Wir geben Hilfe zur Selbsthilfe: Das kirchliche Prinzip der Subsidiarität, also der größtmöglichen Selbstbestimmung, überzeugt auch Menschen, die der Kirche weniger nahestehen“, so Meierhofer.

Starke Positionierung: Vorteile statt Vorurteile

Solch positiven Assoziationen können Organisationen aufgreifen und sie negativen Annahmen entgegensetzen.

Manche Aktionen können die Menschen dabei ebenso überraschen wie überzeugen.

Die Reaktionen verschiedener kirchlicher Institutionen und kirchennaher Organisationen auf die Erklärung der römischen Glaubenskongregation vom 15. März 2021 sind dafür ein Paradebeispiel: Laut dieser sei es in der katholischen Kirche nicht möglich, homosexuelle Paare zu segnen.

Viele aber hissten Regenbogenflaggen an ihren Kirchorten, als Zeichen dafür, dass die Liebe aller Menschen in ihren Gemeinden willkommen ist. Sie hissten sie als Symbole des Friedens, des Aufbruchs, der Veränderung und der Verständigung. Manche äußerten sich ablehnend.

„Die Äußerung der römischen Glaubenskongregation haben wir mit Erschrecken und größtem Bedauern wahrgenommen. Wir distanzieren uns von ihrem Inhalt und schämen uns für die dort getroffenen Aussagen, die für homosexuelle Menschen eine Demütigung und Ausgrenzung darstellen“, schreibt das Bistum Mainz auf seiner Website.

Ob man die Erklärung vom 15. März 2021 und die Reaktionen darauf gut findet oder nicht, sei dahingestellt.

Fakt ist: In solchen Situationen haben kirchennahe Organisationen die Möglichkeit zu zeigen, dass sie eigene Positionen einnehmen können – sowohl für als auch gegen die Lehrmeinungen des Vatikans und ohne dabei christliche Glaubensgrundsätze und die Nähe zur katholischen Kirche aufgeben zu müssen.

Generation Z(eitspende) und die Kirche

Kirchliche Organisationen wünschen sich, wie die meisten anderen auch, das Engagement vor allem junger Menschen, um zukunftsfähig zu bleiben.

Doch oft sehen diese mehr Sinn in Zeitspenden.

Sie wollen selbst aktiv werden, helfen und den Erfolg ihres Tuns mit eigenen Augen sehen. Ein umfangreiches Angebot für ehrenamtliche Tätigkeiten ist deswegen ein guter Weg, die junge Generation an eine Organisation zu binden – und sie im besten Fall zu Spenderinnen und Spendern zu machen, sobald ihre berufliche Situation es erlaubt.

„Da haben wir eine Fülle von Angeboten“, erzählt Susanne Meierhofer. „Von der Vermittlung eines Intensivpraktikums in unserem Kampagnenmonat Oktober über diverse Schulkooperationen wie missio for life oder die Handysammelaktion bis zur Vermittlung von ,Missionaren auf Zeit‘.

Das sind junge Menschen, die für einen bestimmten Zeitraum von in der Regel einem Jahr in einem weltkirchlichen Projekt einer Ordensgemeinschaft leben und arbeiten.“

Unter dem Strich: Kirchliche und kirchennahe Organisationen sind auf Spenden angewiesen, deren Beschaffung aufgrund verschiedener Vorurteile nicht immer leichtfällt. Doch wenn sie sich deutlich positionieren und aktiv für ihre Werte wie Selbstlosigkeit und Nächstenliebe einstehen, können sie von sich und ihrer Marke überzeugen.

Wesentlich ist, den satzungsgemäßen Auftrag ins Heute zu übersetzen, der angesichts der weltweiten Krisen und kriegerischen Auseinandersetzungen, des weltweiten militärischen Aufrüstens und all der antidemokratischen Tendenzen aktueller nicht sein kann.

Die Kirche ist mit ihren Hilfswerken und mit ihrem weltweiten Netzwerk vor Ort bei den Menschen und erhebt Stimme gegen Gewalt, Ausbeutung und Unterdrückung.

Unsere Gesprächspartnerin

  • Susanne Meierhofer, Leiterin der Abteilung Fundraising und Spenderkommunikation bei missio München – Internationales Katholisches Missionswerk Ludwig Missionsverein KdöR

Quelle: FUNDStücke

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