FUNDStücke

Die Auswirkungen der Inflation: Was es für Spender und Wohltätigkeitsorganisationen bedeutet

Der Inflation begegnen

Zahlen von bis zu zehn Prozent entsprechen einer Teuerungsrate, die nach Jahren der Niedrigzinsen einschüchternd wirkt. Ein Ende ist nicht abzusehen und stellt Akteure des gemeinnützigen Bereichs vor die Frage, wie sie angesichts einer schwächelnden Wirtschaftsleistung weiterhin genügend Gelder akquirieren können.

Dass es zu einer Inflationsbewegung kommen würde, deutete sich schon zum letzten Quartal des Jahres 2021 an. Doch bei Raten von drei bis fünf Prozent im Euroraum stellte sich noch nicht die Frage, wie diese zu stemmen sei. Nicht zuletzt deshalb, weil sie noch nicht mit den hohen Energiepreisen in Verbindung stand, die jetzt sowohl die Wirtschaft als auch Privatpersonen empfindlich treffen. Über die Folgen für die Zivilgesellschaft wird wenig diskutiert, obwohl wir wissen, wie sensibel die Spendeneingänge auf externe Einflüsse reagieren – im Positiven sowie im Negativen. Zuletzt hat das die Coronakrise gezeigt. Eine vergleichbare Situation wie diese kennt der zivile Sektor bisher nicht.

Auswirkung auf finanzielle Mittel

Viele Menschen spüren den Kaufkraftverlust ihres Einkommens und müssen deswegen mehr auf ihr Geld achten oder rutschen gar in die Armut. Daher ist zumindest bei den Spenderinnen und Spendern mit mittlerem Einkommen mit weniger Spenden zu rechnen.

Dr. Stefan Fritz ist Geschäftsführer im Stiftungszentrum der Erzdiözese München und Freising und erkennt weitere Probleme: „Die Leistungsfähigkeit vieler Stiftungen, die sich an niedrig verzinste Anlagen gebunden haben, aber nun voll an den Teuerungsraten partizipieren, ist durch die Preissteigerung gefährdet.“

Es ist paradox: Gemeinnützige Organisationen werden durch eine Krise getroffen, in der sie selbst mehr denn je gebraucht werden könnten und in der die Gesellschaft ihre Unterstützung benötigt.

Neue Ausgangslage – neue Lösungen

Doch zu verzweifeln ist nicht der richtige Weg, denn gerade in der Krise ist der gemeinnützige Bereich gefragt. Das bedeutet aber auch, dass alte Pfade, die lange gut funktioniert haben, nun überdacht werden müssen.

Dr. Stefan Fritz nennt eine Möglichkeit: „Stiftungen sollten beispielsweise über eine höhere Sachwertquote, wie Aktien oder Immobilien, nachdenken, wenn sie ihr Vermögen vor der Inflation schützen wollen. Wertschwankungen verlieren über den langfristigen Anlagehorizont hinweg an Bedeutung. Nur Totalverluste lassen sich nicht mehr aufholen.”

Gemeinnützige Organisationen, die kein Problem mit einem von der Inflation bedrohten Stiftungsvermögen haben, müssen sich auf weniger Spenden einstellen, wenn sie nicht reagieren. Da hilft es, die Herausforderungen der Krise für die eigenen Projekte zu kommunizieren und kreative Ideen zu entwickeln. So regten in der zweiten Jahreshälfte 2022 viele Organisationen wohlhabende Menschen zum Spenden der Energiepauschalen an benachteiligte Familien an und verdeutlichten so ihren Mehrwert als Manager in der Krise.

Dieses Beispiel zeigt, dass Großspender*innen eine ganz besondere Rolle in dieser Krise zukommt. Sie können das darstellen, was für Stiftungen die Investition in Sachwerte ist: eine sichere Bank in der Krise. Sie haben mehr Vermögen und müssen noch nicht hart kalkulieren, während viele andere Menschen in die Armut rutschen und auf die Hilfe des Dritten Sektors angewiesen sein könnten.

Steigende Kosten und eine Chance

„Die Personalkosten werden anziehen, daran wird wohl kein Weg vorbeigehen. Die dadurch steigende Verwaltungskostenquote muss nicht nur geschultert, sondern auch vor dem Finanzamt gerechtfertigt werden”, sagt Dr. Stefan Fritz.

„Stiftungen können ihre größte Stärke beim Vermögensmanagement ausspielen: den langfristigen Horizont. Für sie bedeutet das, ihre Anlageziele zu verändern und Erhaltungsbeitrag und Ausschüttung über die Jahre hinweg zu glätten.”

Andere Gemeinnützige haben kein Vermögen – jedenfalls keines aus Wertpapieren oder Sachwerten. Jedoch verfügen sie mit ihren Bestandsspenderinnen und -spendern sowie Mitgliedern über ein Kapital, dass sie bewegen können. Da kann die richtige und intensive Ansprache der entscheidende Weg sein und das Einschwören der Gemeinschaft auf schwierige Zeiten.

Für Stiftungen sieht Dr. Stefan Fritz eine Schonfrist: „Viele Stiftungen arbeiten zeitversetzt, sodass die im guten Anlagejahr 2021 erwirtschafteten Erträge jetzt erst ausgeschüttet werden. Daher gehe ich nicht von einem jetzt schon spürbaren flächendeckenden Negativeffekt aus.” Da der wirkliche Schock wohl erst mit der Gasrechnung 2023 kommt, gibt es einen allgemein zeitversetzten Effekt. Die Phase bis dahin sollten alle dringend nutzen.

 

Im Gespräch

  • Stefan Fritz, Geschäftsführer der Bischof-Arbeo-, der St. Antonius- und der St. Korbinian-Stiftung der Erzdiözese München und Freising

 

Quelle: FUNDStücke 4-2022

 

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