Die Weiterbildung von Personal ist zeit- und kostenintensiv. Vor allem in kleineren Organisationen reicht oft weder die Zeit noch das Geld, um Personalentwicklungsstrategien aufzusetzen, geschweige denn, diese zu verfolgen.
Personalleiterinnen und -leiter gemeinnütziger Organisationen – sofern diese dafür eigene Stellen haben – stehen besonderen Anforderungen gegenüber.
Schon bei der Personalsuche zeigt sich: „Interessentinnen und Interessenten für die Mitarbeit in gemeinnützigen Organisationen zu finden ist nach meiner Erfahrung überhaupt kein Problem. Eine der größten Herausforderungen ist es jedoch, konkurrenzfähige Gehälter anzubieten“, berichtet Britta Kollberg von der Amadeu Antonio Stiftung.
„Zwar richten sich fast alle gemeinnützigen Einrichtungen, die ich kenne, weitgehend nach den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes, dem TVL oder vergleichbaren Lohnsätzen, jedoch werden die Eingruppierungen oft deutlich unterhalb dessen vorgenommen, was im wirtschaftlichen oder auch öffentlichen Bereich in vergleichbaren Positionen üblich ist. Dies wird durch die Förderpolitik der Geldgeberinnen und Geldgeber offensiv gestützt beziehungsweise oft regelrecht erzwungen.“
Petra Strack ist Geschäftsführerin von Deine AssistenzWelt GmbH und ehemalige Personalleiterin bei Aktion Mensch und rät: „Man kann versuchen, durch Betonung der ethischen Bedeutung mehr Bewerberinnen und Bewerber anzuziehen oder auch durch ein besonders gutes Arbeitsklima.“
Ressourcenmangel und seine Auswirkungen auf die Personalentwicklung
Findet man dann Idealist*innen fürs Team, die bereit sind, für weniger Gehalt die gleichen Kompetenzen mitzubringen wie in der freien Wirtschaft, dürfen die Verwaltungskosten einen bestimmten Anteil nicht übersteigen.
Wie eingangs erwähnt, fällt es Non-Profit-Organisationen daher meist schwer, angemessene Personalbegleitung zu bieten.
„Wenn Personalabteilungen unzureichend besetzt oder mit geringem Budget ausgestattet sind, kann auch die Personalarbeit nicht so gut sein wie es wünschenswert wäre“, erzählt Petra Strack.
Die Motivation in der Organisation sei zwar vorhanden, doch in vielen Fällen mangele es an Möglichkeiten zur Umsetzung.
Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz: Ein zentraler Aspekt der Personalentwicklung
Nicht selten sind Krankheiten wie Burnout und Depressionen der Arbeit geschuldet – auch in der Fundraising-Branche. „Ähnlich wie im PR-Bereich, wo oft außerhalb üblicher Arbeitszeiten gehandelt und auf aktuelle Geschehnisse ad hoc reagiert werden muss, sind im Fundraising und Kampagnenmanagement hohe Flexibilität und breiter Einsatz gefordert.
Zugleich befinden sich diejenigen, die im Donor-Management tätig sind, an der ‚Frontline‘ einer Organisation – Verwerfungen in Debatten, Shitstorms und andere Vorgänge schlagen sich dort mit großer Intensität nieder, qualitativ und quantitativ“, so Kollberg.
Die Amadeu Antonio Stiftung setzt sich für eine demokratische Zivilgesellschaft und in Aktionen konsequent gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus ein.
Die Mitarbeiter*innen, vor allem in der Online-Redaktion, sind nicht selten Hasskommentaren ausgesetzt. „Der entscheidende Faktor im Umgang damit ist, sich darüber im Klaren und innerhalb des Teams absolut solidarisch zu sein. Wir bereiten entsprechende Themen vor, soweit wir Kontroversen absehen können. Selbstverständlich nutzen wir ebenfalls interne und externe Angebote des Empowerments, Trainings für aktiven Selbstschutz und alle juristischen Möglichkeiten, die gegebenenfalls notwendig werden. Wichtig sind zudem fest installierte Super- und Intervisionen.“
Auch ein schlechtes Arbeitsklima kann psychische Beschwerden nach sich ziehen.
„Die psychische Gesundheit von Mitarbeiter*innen am Arbeitsplatz wird in einem nicht unerheblichen Maße von direkten Vorgesetzten und den Kolleginnen und Kollegen beeinflusst“, teilt Petra Strack mit. „Wichtig ist es, ein Klima zu schaffen, in dem Raum für Feedback, Austausch und Fehlerkultur ist.
Es empfiehlt sich, dies strukturiert aufzusetzen und nicht nur spontanen Gesprächen zu überlassen, die entstehen – oder auch nicht. Wöchentliche, monatliche oder auch jährliche Rhythmen für die verschiedenen Prozesse helfen, diese wichtigen Themen nicht unter den Tisch fallen zu lassen.“
Personalentwicklung muss sich also nicht nur auf fachliche, sondern auch auf persönliche Kompetenzen wie zum Beispiel Resilienz konzentrieren. Dabei geht es Britta Kollberg nicht (nur) um die Arbeitsmarktfähigkeit. „Eher geht es mir um Personalentwicklung, die den ganzen Menschen, auch in seinem nicht arbeitsmarktbezogenen Wert in den Blick nimmt“, findet sie.
Der Unterschied zwischen Realität und Ideal
Anders als Konzerne können viele kleine und mittelständische Unternehmen zum Beispiel keine großen Entwicklungsprogramme anbieten und scheuen Investitionen, erzählt Petra Strack. „So werden oftmals in der Tat gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit einem Seminar ‚belohnt‘, ohne dass es eine zielgerichtete Personalentwicklung dahinter gibt.“
Personalbegleitung wird also häufig als reiner Bonus für Mitarbeiter*innen angesehen. Dazu findet Britta Kollberg klare Worte: „In keinem fachlichen oder Management-Bereich ist Kompetenzentwicklung ein reiner Bonus – darauf sollte jede Organisationsentwicklung zielen.“ Es herrscht Einigkeit: Personalbegleitung sollte als Pflicht von Arbeitgebern gegenüber ihren Mitarbeiter*innen gelten.
Petra Strack wünscht sich für die Zukunft: „Abseits von finanziellen und personellen Restriktionen sollten idealerweise alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen individuellen Entwicklungsplan erhalten, der von erfahrenen Personalentwicklerinnen oder -entwicklern begleitet wird. Dieser geht dann in einer übergreifenden Strategie auf, die auf die gesamte Organisation und deren Ziele ausgerichtet ist.
Regelmäßige Evaluationen der Entwicklungsschritte sowie eine Zielüberprüfung und -anpassung sind wichtig, um das Thema nicht aus den Augen zu verlieren. Ein guter Mix aus internen sowie externen Maßnahmen und Berater*innen würde das Angebot abrunden, beispielsweise durch Supervision.“
Davon profitieren am Ende sicher nicht nur die Mitarbeiter*innen, sondern auch die Organisation. Denn: Zufriedene Menschen leisten zufriedenstellende Arbeit.
Auch Kollberg hat klare Vorstellungen eines Ideals: „Wichtig sind mir regelmäßige, gut vor- und nachbereitete Personalentwicklungsgespräche. Dazu muss man Zeit für Weiterbildung nach individuellen Interessenfeldern – durchaus auch über den eigenen Arbeitsbereich hinaus – einplanen.
Notwendig ist ein klarer Blick auf entstehende Notwendigkeiten und Möglichkeiten. Mithilfe regelmäßiger niedrigschwelliger Kommunikation kann man Trends erkennen und Entwicklungsschritte begleiten.“
Maßnahmen zur Personalentwicklung bei begrenztem Budget
Aber wie ist das zu schaffen, wenn die Ressourcen beschränkt sind?
„Eine Maßnahme ist zum Beispiel Job-Shadowing, um neue Arbeitsbereiche kennenzulernen und das abteilungsübergreifende Verständnis zu erhöhen. Dabei begleitet, gewissermaßen ‚beschattet‘, ein Mitarbeiter jemand anders für einige Stunden oder Tage, um den betreffenden Job besser kennenzulernen.
Auch für Bewerberinnen und Bewerber ist diese Methode gut anwendbar. Das Tauschen der Arbeitsplätze für einige Wochen kann ebenfalls die Abwechslung erhöhen, neue Arbeitsweisen näherbringen und eventuelle Karriereperspektiven aufzeigen“, gibt Petra Strack einige Praxistipps.
Britta Kollberg verweist außerdem darauf, dass es bereits intern oft große Expertise gibt, die nur darauf wartet, mit anderen geteilt zu werden: „Getreu dem Grundsatz aus dem Community Organizing: Dort, wo die Probleme liegen, liegen auch die Kompetenzen zu ihrer Lösung.“
So gibt es in der Amadeu Antonio Stiftung zum Beispiel Learning Coffee Breaks, Themenwerkstätten, in denen die Kolleg*innen Inhalte teamübergreifend diskutieren, oder hin und wieder einen After-Work-Wein – auch digital.
„Und dabei muss nicht immer daten- und CO2-intensiv gezoomt werden. Regelmäßige Telefonate sind wichtiger als stete Kamerapräsenz, die auch ablenken kann. Konferenz-Calls, die ebenfalls bei kleinen Teams problemlos möglich sind, schonen das Klima erheblich.“
Gleichzeitig gibt sie zu bedenken: „Was die knappen Zeitreserven von Mitarbeitern, Teamleiterinnen und anderen in Personalverantwortung betrifft, da schließt sich der Kreis zu den eingangs genannten Problemen: Dort ist aktuell oft viel zusätzliches ehrenamtliches Engagement von Führungskräften gefragt.
Das kann langfristig nur funktionieren, wenn Personalentwicklung eine ebenso hohe Priorität bekommt wie die fachliche Arbeit der Organisation selbst.“ Und das beinhaltet aus ihrer Sicht oft „die schmerzhafte Entscheidung für ein ,Weniger ist mehr‘ mit Blick auf die Projekte und Kampagnen zugunsten einer nachhaltigen Personalentwicklung.
Personalentwicklung als Investition in die Zukunft der Organisation
Unterm Strich: Personalbegleitung hat in der Fundraising-Branche – aber auch in anderen – einen niedrigeren Stellenwert, als sie eigentlich haben sollte. Wo sie als einmalige Belohnung gehandelt wird, sollte sie zu einem dauerhaften Angebot für Mitarbeiter*innen werden. Damit geschieht fachliche Weiterbildung, aber auch die Förderung psychischer Widerstandskraft als Kompetenz. Das ist wichtig in einem Beruf, der erfüllend ist, aber auch ein stabiles Nervenkostüm verlangt. Ein Verstecken hinter „Ja, aber die Ressourcen!“ zählt nicht. Auch „kleine“ Maßnahmen, wie Petra Strack und Britta Kollberg uns gezeigt haben, hegen und pflegen die großen Herzen der Fundraiser*innen.
Unsere Gesprächspartnerinnen
- Britta Kollberg, zuständig für Fundraising & Development und Donor Relations bei der Amadeu Antonio Stiftung
- Petra Strack, Geschäftsführerin bei Deine AsssistenzWelt GmbH
Quelle: FUNDStücke