Das Mailing, also der persönliche Brief per Post, ist noch immer eine wirksame Kommunikationsmaßnahme im Fundraising-Mix. Gerade zu Weihnachten bekommt es nochmal eine besondere Bedeutung. Abhängig von den Zielen, können Organisationen es sowohl an Bestandsspender:innen als auch an mögliche Neuspender:innen verschicken. Ebenso wichtig ist die mediale Begleitung auch auf anderen Kanälen. So können Organisationen die Wirkung ihres Weihnachtsmailings durch Online-Fundraising verstärken.
Je mehr Grundrauschen Botschaften in der Öffentlichkeit erzeugen, desto besser bleiben die Botschaften den Empfänger:innen im Gedächtnis.
Worauf man bei einem Weihnachtsmailing achten muss, haben wir drei Kolleg:innen gefragt, die damit schon viele Jahre arbeiten. Frank Geuenich, Friederike Hofmann und Melanie Koch berichten aus der Praxis.
Zeitplanung
Ein gut durchdachter Zeitplan gehört zu jedem Mailing. Gerade beim Weihnachtsmailing gibt es aber ein unverrückbares Zeitfenster, zu dem geliefert werden muss.
Wie viel Zeit sollte man für ein Weihnachtsmailing einplanen, wenn man davon ausgeht, dass sich alle Beteiligten an Absprachen und Zeitpläne halten?
Friederike Hofmann: Mitte September mit der Planung zu beginnen, ist eine gute Idee. Je nachdem, wie man an das Material für das Mailing kommt. Eine Reise ins Projektgebiet sollte man natürlich schon sehr viel früher ansetzen.
Gibt es Unterschiede zu Zeitplänen anderer Mailings?
Frank Geuenich: Druckereien haben meiner Erfahrung nach in der Vorweihnachtszeit mehr zu tun, also sollte man rechtzeitig anfragen. Dann ist allerdings wichtig, sich an den Termin der im Zeitplan vorgesehenen Druckdatenabgabe auch zu halten, denn die Druckmaschinen sind um diese Zeit häufig ausgebucht.
Das bedeutet (habe ich selbst schon erlebt): Wenn man die Druckdaten einen Tag zu spät abgibt, kann es passieren, dass sich der Druck um eine Woche (oder auch mehr) verschiebt – das ist dann sehr ärgerlich. Deshalb sollte man gerade um Weihnachten herum den Kund:innen gegenüber betonen, wie wichtig es ist, sich an Zeitpläne zu halten.
Das bedeutet, spontane Wünsche können vor Weihnachten nicht umgesetzt werden?
Friederike Hofmann: Doch. Unsere Druckereien bekommen von uns meist Anfang Oktober die Info, dass und wann welche Weihnachtsmailings kommen. Meistens können wir aber auch etwas kurzfristiger dazwischenschieben – Dienstleister sind ja häufig sehr geduldig und flexibel. Nur: Wenn zu viel Stress und Hektik aufkommen, geht das nicht nur auf die Nerven, sondern vor allem auch auf die Qualität.
Wobei es wirklich schwierig wird, ist der Wunsch nach Give-Aways. Diese haben häufig lange Lieferzeiten. Da sollte man sich schon Anfang Oktober umschauen.
In der Fundraising-Praxis arbeitet man regelmäßig mit Kund:innen zusammen, die leider so viel andere Dinge zu tun haben, dass es ihnen schwerfällt, sich an Zeitpläne zu halten. Wie gehst Du damit um?
Melanie Koch: Nachfassen, erinnern, nachfassen, erinnern, …. 😉 Und dabei versuchen, zu unterstützen, alles so weit wie möglich vorzubereiten, für den Kunden oder die Kundin mitzudenken, so gut es geht, Arbeit abzunehmen und die Schritte zu erleichtern.
Welche Arbeitsschritte sollten in einem Zeitplan auftauchen?
Melanie Koch: Aus Agentursicht: Themenabstimmung mit dem Kunden, Manuskriptphase inkl. Korrekturschleife (Zeit für Korrektur durch die Kund:innen, Zeit für die Umsetzung und ggf. Zeit für eine Freigaberunde des Manuskripts – falls es tiefgreifende Korrekturen gab).
Layoutphase inkl. 2 Korrekturschleifen mit den Kund:innen (Zeit für Korrektur, Zeit für die Umsetzung – jeweils x 2), Freigabe durch den Kunden oder die Kundin, Korrekturlektüre, Qualitätsmanagement und Druckdatenerstellung, ggf. Adressdatenaufbereitung.
Druckdatenabgabe, Prüfen der Freigabedateien aus der Druckerei (interner Arbeitsschritt), Druck und Postauflieferung durch die Druckerei (führen wir als Agentur zwar nicht aus, aber wir „überwachen“ beides und haken nach, ob alles gut gegangen ist).
Das Mailingthema / Inhalt
Welche Tipps gibst Du Kund:innen immer wieder, wenn es um das Weihnachtsmailing geht? Über welche Themen „will“ ein Spender oder eine Spenderin am Ende des Jahres lesen, was funktioniert am besten?
Melanie Koch: Der erste Tipp für das beste Weihnachtsmailing: eins machen! Der Spender oder die Spenderin möchte vor allem wissen, welche Projekte die Organisation gerade umsetzt und wofür sie Geld benötigt. Der Inhalt muss auf jeden Fall authentisch sein.
Zur kalten Jahreszeit passen natürlich Themen wie Heizungssanierungen einer Kirche, Obdachlosenhilfe oder Unterstützung von Familien – da kann sich um diese Jahreszeit jeder Mensch gut reinversetzen. Und wenn eine Organisation um die Weihnachtszeit ein entsprechendes Thema hat, ist das toll. Aber es funktioniert nur, wenn es auch stimmt. Und umgekehrt: Auch andere Themen funktionieren, wenn sie real und authentisch sind und zur Organisation und zur Zielgruppe passen.
Und: Über einen Weihnachtsgruß freut sich doch jeder.
Hast Du grundlegende formale und inhaltliche Regeln, an die man sich beim Schreiben halten sollte?
Melanie Koch: Ethischen Regeln sollte man definitiv immer folgen – keine Ausnahme erlaubt! Auch das AIDA-Prinzip ist sinnvoll – es kann einem einen guten Rahmen geben. Mir hilft es, wenn ich mir die Spender:innenfragen anschaue: die Frage nach der Differenz, der Effizienz, der Emotion, der Dringlichkeit des Anliegens und die nach der Absenderseriosität. Das hält einen beim Schreiben am Kern der Sache.
Und wie sieht die Umsetzung in der Praxis aus?
Frank Geuenich: Bei der praktischen Umsetzung ist es wichtig, Sprache, Stil und Duktus der Kund:innen zu treffen und – bei einem Weihnachtsmailing – mit den typischen jahreszeitlichen Befindlichkeiten so zu kombinieren, dass ein Text entsteht, der die Adressaten anspricht. Dazu braucht man natürlich ein gutes Thema – eigentlich ist das das Wichtigste überhaupt.
Es gibt eine lateinische Rhetorikdevise „rem tene, verba sequentur“, also „Halte dich an die Sache/das Thema, die Worte kommen dann von ganz allein“. Ein Thema, eine Idee für ein Weihnachtsmailing ist also entscheidend, und dies gilt es dann in einer Sprache, die zum Kunden oder Kundin und den Anliegen passt, authentisch auszugestalten.
Melanie Koch: Der Text muss grundsätzlich zum Absender passen und die Spendenbitte verständlich sein. Früher habe ich mich beim Redigieren von Kundentexten oft dabei ertappt, wie ich jeden einzelnen Satz schön glattziehen wollte. Im Endeffekt muss der Spender oder die Spenderin aber den Absender erkennen und sehen, was dieser braucht. Der ein oder andere umgangssprachliche oder holprige Satz kann dabei helfen.
In dieser Hinsicht kann man auch mal ein paar sprachliche Regeln außer Acht lassen – wenn die restliche Struktur stimmt. Ich finde, das ist ähnlich wie bei Musik: Wenn der Produzent oder die Produzentin im Studio jeden Ton gerade zieht, erkennt man den Stil der Live-Musiker:innen am Ende nicht mehr – sie werden austauschbar.
Hattest Du mit einem Thema beim Weihnachtsmailing mal besonders viel Erfolg?
Melanie Koch: Da fällt mir keins ein, die meisten Weihnachtsmailings sind erfolgreich. Umgekehrt erinnere ich mich aber an einen Kunden, der im Frühjahr eines Jahres ein wirklich gutes Thema hatte und dafür mit einem recht unkonventionellen Mailing irren Erfolg hatte. Es gab beispielsweise keine Shopping-List und auch keine wirklich konkrete Projektbeschreibung.
Das Weihnachtsmailing in diesem Jahr war zwar wirklich gut, kam aber an den Erfolg des Mailings aus dem Frühjahr überhaupt nicht ran – vermutlich, weil das öffentliche Interesse am Thema nicht mehr so groß war und weil die Organisation den Spender:innen da gerade kein gutes alternatives Projekt bieten konnte.
Wenn das Mailingthema gut ist und die Spender:innen interessiert, läuft’s. Wenn nicht, dann nicht – Weihnachten hin oder her.
Versionen
Einige Organisationen versenden mehrere Versionen ihres Weihnachtsmailings. Sie möchten Freunde, Mitglieder, Bestands- und Großspender:innen, aber auch potenzielle Neuspender:innen erreichen.
Wie sollten sich diese Versionen in Bezug auf Ansprache, Thema oder Gestaltung unterscheiden?
Friederike Hofmann: Naja, Bestandsspender:innen, Freunden, Mitgliedern und Großspender:innen muss man nicht mehr erklären, wer man ist. Fragen wie die nach der Absenderseriosität sind geklärt. Bei Neuspendermailings ist das natürlich anders – da herrscht viel mehr Erklärungsbedarf.
Differenzierungen innerhalb der Bestandsspendergruppen sind auch sinnvoll. Das kann man je nach Zeit und Budget recht weit treiben. Ganz grundsätzlich ist es gut, wenn Großspenderinnen und Großspender eine besondere Ansprache erhalten, in der eine besondere Verbundenheit zum Ausdruck kommt und in der sich auch die Spendenvorschläge an größeren Summen orientieren. Dauerspender:innen sollten ein Schreiben erhalten, aus dem irgendwie hervorgeht, dass die Organisation ihre Dauerspende (dankend) zur Kenntnis genommen hat.
Melanie Koch: Einem Dauerspender oder einer Dauerspenderin brauche ich auch kein weiteres SEPA-Mandat mitschicken, sondern könnte ihm oder ihr vielleicht eine Anlass-Spende ans Herz legen. Die Möglichkeiten sind (theoretisch) unbegrenzt …
Kosten/Budget
Was ein Mailing ungefähr kosten kann, haben wir in zwei Artikeln erläutert, sowohl für Bestandsspender:innen als auch für Neuspender:innen. Kann das Weihnachtsmailing davon abweichen? Wenn ja, welche Auslöser kann es dafür geben?
Friederike Hofmann: Zwei Faktoren können abweichen und die Kosten nach oben treiben:
- Incentives / Give-Aways – Manche Kunden machen das nur zu Weihnachten, wegen der erhöhten Erfolgsaussicht. Bei unseren Kunden kommt das eher selten vor.
- Auflage – Die allermeisten Kunden erhöhen zu Weihnachten ihre Auflagen. Das wirkt sich auf unser Agenturhonorar nicht aus, aber natürlich auf Druck- und Portokosten.
Melanie Koch: Die höheren Auflagen ergeben sich zum Beispiel, weil Organisationen um die Weihnachtszeit mehr Zielgruppensegmente als sonst anschreiben.
Auswertung
Last but not least, die spannendste Frage: Wann kann man mit Ergebnissen rechnen?
Friederike Hofmann: Die ersten Spenden kommen direkt am ersten Tag rein, an dem das Mailing bei den Empfänger:innen ankommt. Nach vier Wochen kann man mal eine Zwischenauswertung machen – der Löwenanteil ist dann meist drin. Normalerweise macht man eine abschließende Auswertung dann nach 60 bis 90 Tagen – je nachdem, wie viele Mailings man im Jahr macht.
Beim Weihnachtsmailing haben wir häufig die Besonderheit, dass die Spenden mit dem Jahreswechsel tatsächlich aufhören. Bei anderen Mailings (z.B. Ostern) kommen noch wochenlang Spenden rein.
Und weiter geblickt: Wirkt sich das Weihnachtsmailing aus Deiner Erfahrung nur auf die Zahlen im Januar aus oder kann man auch sagen, dass es Einfluss auf weitere Zahlen hat, vielleicht sogar auf ein Folgemailing im Frühjahr?
Melanie Koch: Auf ein Folgemailing im Frühjahr kann es natürlich Auswirkungen haben, wenn z.B. das Thema gut ist und die Spender:innen euphorisch über Fortschritte sind, die man im Frühjahr bereits vermelden kann.
Das klappt ganz gut bei Bauprojekten, in denen man regelmäßig Erfolge zeigen und neue Bauabschnitte ankündigen kann. Aber nur der Versand des Weihnachtsmailings an sich hat keine Auswirkungen auf ein Folgemailing, zumindest keine, die man so pauschal benennen könnte.
Famous last words…
Fällt Dir noch etwas ein, dass man beim Weihnachtsmailing immer berücksichtigen sollte?
Friederike Hofmann: Eine deutliche Spendenbitte formulieren, die Spender:innenfragen beantworten, transparent, authentisch und wahrhaftig sein. Das sollte zwar eine Selbstverständlichkeit bei jedem Mailing sein, kann aber nicht oft genug gesagt werden.
Melanie Koch: Auf jeden Fall vor Weihnachten verschicken 😉
Und ich empfehle jeder Organisation, die Botschaften des Weihnachtsmailings auch online zu verbreiten. Damit kann man schon längere Zeit im Vorfeld beginnen. Je mehr Grundrauschen Botschaften in der Öffentlichkeit erzeugen, je öfter eine Person sie liest, desto besser bleiben sie im Gedächtnis.
Hast Du die eine oder andere lustige Anekdote parat?
Friederike Hofmann: Ich habe mal ein Weihnachtsmailing Anfang Oktober geschrieben. Bilder gesucht von Weihnachtsbäumen, ein bisschen Schnee war im Spiel, über Kopfhörer habe ich – für die Stimmung – das Weihnachtsoratorium von Bach gehört. Ich wäre auch fast in Stimmung gekommen, aber leider war mir zu heiß: Draußen hatten wir weit über 30 Grad.
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