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Der Beziehungsaufbau im Fundraising: Eine Herausforderung mit großer Bedeutung

Beziehung zu Spenderinnen und Spendern – Austarieren von Nähe und Distanz

Welche Faktoren beeinflussen die Beziehung zu Spenderinnen und Spendern nachhaltig? Welche Rolle können Fundraiserinnen und Fundraiser dabei einnehmen und gibt es das richtige Maß an professioneller Nähe und Distanz?

Spenden sammelnde Organisationen, die Fundraising verstanden haben, möchten ihren Spenderinnen und Spendern möglichst nah sein.

Nur: Manchmal wird es anspruchsvoll, die Erwartungen und Wünsche auch wirklich zu erfüllen. Aber das ist uns doch lieber, als wenn Spender*innen eine unbekannte Masse bleiben, der man nie nah genug kommt – oder?

Wir haben Luise Bröther, die für Engagementförderung und Beziehungspflege bei der Evangelischen Landeskirche in Baden zuständig ist, zum Thema Spender*innenbeziehung befragt. Im Gespräch hat sie uns verraten, wie Fundraiserinnen und Fundraiser durch Austarieren von Nähe und Distanz eine positive Beziehung zu „ihren“ Spender*innen aufbauen können.

Genau zuhören

Im Alltag kommen Fundraiser*innen mit Spenderinnen und Spendern in unterschiedlicher Intensität in Kontakt. Während das „Massenfundraising“ meist ohne persönlichen Kontakt abläuft, ist der zu Menschen, die große Spenden an die Organisation geben, meist umso enger. Luise Bröther bestätigt den Zusammenhang zwischen der Höhe der Spenden und dem Bedürfnis nach individueller Betreuung und Teilhabe: „Bei Kleinspenden sind es eher organisatorische Fragen, bei Mittel- und Groß-Spenden geht es mehr um Inhalte und Beteiligung. Gerade im Bereich der Großspenden und im Stiftungsbereich lebt die Beziehung von gegenseitigem Vertrauen und individuellem Austausch.“

Strategien für eine nachhaltige Spenderbeziehung

Inwieweit man im Austausch etwas über die Motivation der Spender*innen erfährt, ist unterschiedlich.

Der eine wird durch ein Neuspendermailing zur Erstspende animiert, die andere sucht sich bewusst eine Organisation, die Suchtkranke unterstützt, weil sie selbst einen Alkoholiker in der Familie hatte.

Luise Bröther ist eine ganz besondere Geschichte einer Stifterin im Gedächtnis geblieben: „Sie und ihre Mutter wären bei ihrer Geburt fast gestorben. Als sie das eines Tages erfuhr, war sie einfach glücklich. Sie sagte ,Ich darf leben und ich lebe immer noch! Alles, was ich bin und habe, was zu mir gehört und mich ausmacht, ist ein reines Geschenk.‘“

Aber nicht alle suchen das Gespräch, manche möchten der Organisation keine Umstände machen, andere möchten einfach spenden und haben keinen weiteren Kommunikationsbedarf.

Die Kunst des einfühlsamen Vermittelns

Der richtige Weg für Fundraiserinnen und Fundraiser kann nur der sein, die Wünsche und Persönlichkeiten individuell zu betrachten.

Luise Bröther ist in der Servicestelle Fundraising, Engagementförderung und Beziehungspflege mit vielen potenziellen Spender*innen und Stifter*innen persönlich im Gespräch und kann deren Wünsche recht einfach identifizieren: „Beim genauen Zuhören erfahren wir sich durchziehende Lebensthemen, die gut Aufschluss geben, was dem oder der Gebenden wichtig erscheint und wohin die Gabe fließen sollte. Denjenigen, die ,nur‘ spenden möchten, ,ihr‘ Projekt bereits kennen, erfüllen wir diesen Wunsch.“ Wer unsicher ist, bekommt entsprechende Beratung und Unterstützung.

Vermitteln auf allen Ebenen

Luise Bröther beschreibt Fundraiser*innen als Brückenschläger zwischen den Interessen des Spenders oder der Spenderin und der eigenen Organisation.

„Wir involvieren und vernetzen so zielführend, wie es sinnvoll für beide Seiten ist. Das macht das Ganze erst so spannend und schön. Eine offene Kommunikation miteinander über Möglichkeiten und Grenzen ist die Basis einer guten Beziehung.“

Dazu zählt – neben dem Zuhören – dem Gegenüber das Gefühl von Sicherheit, Professionalität und Verständnis zu geben. Entscheidend für ein gelingendes Gespräch ist die Mischung aus Persönlichkeit, Sympathie und Begeisterung – zusammen mit fachlichem Wissen.

„Brennen Sie für Ihr Projekt und die eigene Organisation“, ermuntert Luise Bröther. Denn nur dann kann sich das Gegenüber darin spiegeln und sich vorstellen, wie viel Glück und Bereicherung eine Teilhabe durch eine Spende bringen kann. Überzeugen kann nur, wer selbst überzeugt ist.

Den richtigen Ton finden: Professionelle Nähe im Fundraising

Gerade Großspender*innen teilen im Gespräch oft sensible biografische Erlebnisse – vor allem im kirchlichen Kontext.

Luise Bröther sieht in diesem Vertrauensvorsprung ihre Verpflichtung zum professionellen Umgang mit der jeweiligen Angelegenheit. Je nachdem, worum es geht, versucht sie, auch die Familien des Spenders oder der Spenderin zu involvieren: „Bei Testamentsangelegenheiten gilt klar: Versöhnen vor Vererben.“

Wichtig findet Luise Bröther zu jeder Zeit eine deutliche Kommunikation – und das nicht nur, wenn es um die Beschreibung von Projekten geht. „Schwierig kann es sein, wenn die Spenderin oder der Spender die Beziehung zum Personal einer Organisation als eine Freundschaft oder Familienersatz (miss-)versteht. Das ist eine Gratwanderung. Da ist eine klare Kommunikation notwendig.“

Eine ausgewogene Balance zwischen Nähe und Distanz

Wie deutlich jemand die Grenze zwischen persönlichen und beruflichen Kontakten zieht, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. „Es gibt unterschiedliche Ausprägungen von Nähe und Distanz. Dafür bin ich professionell genug, zu entscheiden, wo Sympathie auch zu einer freundschaftlichen Ebene führen kann“, beschreibt Luise Bröther. „Jede und jeder ist für sich verantwortlich und muss entscheiden, ob Telefonate am Sonntag oder im Urlaub akzeptabel oder sogar gerade notwendig sind, weil sich ein Projekt in der ,heißen Phase‘ befindet oder es einfach nur ein wunderbarer Austausch zwischen zwei gleichklingenden Menschen ist.“

Manch einer hat daran Spaß und kann so eine positive Verbindung zu Spenderinnen und Spendern aufbauen. Für andere wäre es eine zu große Belastung, und auch das würde sich auf die Beziehung auswirken. Sich authentisch zu verhalten ist die beste Wahl, um zu überzeugen.

Zu der Frage, ob man die eigenen Freundinnen und Freunde um Spenden bitten kann, erzählt Luise Bröther aus der eigenen Erfahrung: „In besonderen Fällen, vor allem in akuten Notsituationen, habe ich schon meine persönlichen Kontakte aktiviert. Das sind dann besonders mir am Herzen liegende Projekte aus Arbeitsbereichen der Kirche, wie Angebote in der Klinikseelsorge, oder die Arbeit der kleinen, feinen NGO Life-Giving Forest e. V., die Aufforstungsprojekte von und mit Menschen mit Behinderung auf den Philippinen umsetzt und in der ich ehrenamtlich tätig bin. In jedem Fall muss ich von der Wirkung und Dringlichkeit selbst überzeugt sein, wenn ich mein privates Netz involviere und um Spenden bitte.“

Fazit

„Wir sind bei den Menschen“ lautet die Grundphilosophie der Evangelischen Landeskirche in Baden. Für Luise Bröther bedeutet das, „die Beziehungen zu unseren Spenderinnen und Spendern mit Herz und Verstand zu pflegen, weil wir deren Einsatz und Engagement wertschätzen. Nur gemeinsam können wir unsere Projekte umsetzen. Und da gehört Nähe für mich dazu.“ Umgekehrt ist es wichtig, die Anforderungen eines Projekts selbstbewusst zu vertreten und eventuelle Grenzüberschreitungen professionell zu kommunizieren. Nur so kann eine positive Beziehung zu Spenderinnen und Spendern funktionieren.

 

Unsere Gesprächspartnerin

  • Luise Bröther, Servicestelle Fundraising, Engagementförderung und Beziehungspflege der Evangelischen Landeskirche in Baden

Quelle: FUNDStücke

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