FUNDStücke

Sachspenden: Sind sie noch lohnenswert?

Während der Flutkatastrophe 2021 im Westen Deutschlands und der Invasion Russlands in die Ukraine 2022 stieg die Zahl der Sachspenden stark an. Menschen spendeten Möbel, Kleidung, Lebensmittel und andere Dinge des täglichen Bedarfs. Die überwältigende Unterstützung, auch von vielen Unternehmen, stellte viele Non-Profit-Organisationen jedoch vor eine logistische Herausforderung.

Nicht jede Sachspende war brauchbar, wenn sie beispielsweise beschädigt war oder nicht benötigt wurde. Zusätzlich sorgte die Debatte um die von Unternehmen zu zahlende Umsatzsteuer für einige Diskussionen. Der Steuerberater, Rechtsanwalt und Wirtschaftsprüfer Prof. Dr. Thomas Küffner gibt Tipps, wie NGOs und spendende Unternehmen mit dieser und weiteren Herausforderungen beim Thema Sachspenden umgehen sollten.

Sachspenden von Unternehmen

GRÜN alpha (GAL): Welches Problem kann sich für Unternehmen ergeben, wenn sie Sachspenden an eine Organisation leisten?

Prof. Dr. Thomas Küffner (TK): Das Problem liegt in der Umsatzsteuer. Auch wenn ein Unternehmen etwas unentgeltlich abgibt, muss es dafür eine Umsatzsteuer entrichten. Das versteht kein Unternehmen, da es ja etwas Gutes tut. Die Umsatzsteuer wirkt so als Strafsteuer. Das Bundesministerium der Finanzen hat die Kritik der Verbände – auch des Deutschen Fundraising Verbands – aufgegriffen und teilweise Abhilfe geschaffen: Sofern die Sachspende keine Verkehrsfähigkeit mehr hat, wie z.B. verderbliche Lebensmittel, dann ist die Bemessungsgrundlage null Euro. Es ist keine Umsatzsteuer abzuführen. Diese Klarstellung durch das Bundesfinanzministerium war überfällig.

GAL: Was ist, wenn die Sachspende noch einen Wert hat?

TK: Dann unterscheidet das Bundesfinanzministerium danach, ob der Gegenstand noch eine volle oder eingeschränkte Verkehrsfähigkeit besitzt. Im Fall der eingeschränkten Verkehrsfähigkeit, wenn also der Gegenstand einen erheblichen Material- oder Verpackungsfehler hat, ist eine geminderte Bemessungsgrundlage anzusetzen. Im Fall einer vollen Verkehrsfähigkeit, z.B. wenn die Ware aus logistischen Gründen ausgesondert wird, muss das Unternehmen sogar einen fiktiven Einkaufspreis schätzen und diesen der Umsatzsteuer unterwerfen.

GAL: Das wirkt auf viele Spendende sicher ungerecht und abschreckend.

TK: Genau da liegt das Problem. Unternehmen möchten dafür keine Umsatzsteuer zahlen. Der deutsche Staat könnte dies auch anders sehen. Er ist dabei aber derzeit streng. Andere Mitgliedstaaten in der Europäischen Union machen das besser. Dort gibt es großzügigere Regelungen. Auch könnte man – mit etwas gutem Willen – einen pragmatischeren Weg finden. Es gibt aber Hoffnung. Die Bundesregierung will dieses Thema in den nächsten Jahren angehen. Ich bin gespannt und auch zuversichtlich.

 

Spendenbescheinigungen für Sachspenden

GAL: Für Geldspenden ab 300 € müssen Spender*innen Spendenbescheinigungen erhalten und können ihre Spenden dann von der Steuer absetzen. Wie sieht das bei Sachspenden aus? Muss für sie auch eine Spendenbescheinigung ausgestellt werden?

TK: Für Sachspenden gelten grundsätzlich die gleichen Regeln wie für Geldspenden. Der Spender oder die Spenderin benötigt eine ordnungsgemäße Spendenbescheinigung, um die Spende mit der Steuererklärung absetzen zu können.

GAL: Wie wird der Wert einer Sachspende ermittelt, vor allem, wenn keine Rechnung mehr vorliegt?

TK: Genau da setzt auch meine Kritik an. Rechnungen gibt es häufig nicht mehr. Die korrekte Ermittlung der Umsatzsteuer ist sehr streitanfällig. Unternehmen befürchten zu Recht, etwas falsch zu machen. Viele Unternehmen spenden erst gar nicht, um keine Steuerverfahren zu riskieren.

GAL: Wo können Organisationen für Katastrophenfälle schnell die Unterstützung von Rechtsexpert*innen erhalten, um die große Zahl der Sachspenden rechtskonform zu verwalten?

TK: Jeder Steuerberater oder jede Rechtsanwältin kann da Unterstützung leisten. Auch viele Verbände haben gute Leitfäden.

GAL: Gibt es rechtliche Unterschiede zwischen einer Sachspende von Privatpersonen und von Unternehmen?

TK: Grundsätzlich nicht. Der Wert der Spende ist immer zu ermitteln. Für Unternehmer gibt es ertragsteuerrechtlich noch das sogenannte Buchwertprivileg. Die Hingabe der Spende führt zu keiner Aufdeckung von stillen Reserven.

 

Aufwand bei Sachspenden

GAL: Sind Sachspenden noch lohnenswert für NGOs oder verursachen sie zu viel Aufwand, und im Fall eines Fehlers gar rechtliche Konsequenzen?

TK: Der Aufwand bei Sachspenden ist nicht zu unterschätzen. Spendenbescheinigungen dürfen nur in der korrekten Höhe ausgestellt werden. Da besteht ein Risiko. Dokumentationen sind erforderlich. Dieses Problem wird man nicht lösen können, solange der Spender oder die Spenderin auch etwas bei der Einkommensteuer absetzen will.

GAL: Die Verwahrung, Verteilung und eventuelle Entsorgung von Sachspenden kostet NGOs mitunter Geld. Können diese Mehrkosten den Status der Gemeinnützigkeit gefährden, wenn sie zu stark ansteigen?

TK: Diese Gefahr sehe ich nicht. Wichtig ist aber, dass die Spenden dann auch im Sinn der jeweiligen gemeinnützigen Satzung eingesetzt werden. Je mehr Spenden, desto mehr Aufwand.

 

Im Interview:

Prof. Dr. Thomas Küffner ist Steuerberater, Rechtsanwalt und Wirtschaftsprüfer. Seit mehr als 20 Jahren berät er mit großer Freude gemeinnützige Einrichtungen. Die besonderen steuerrechtlichen Regeln machen diesen Bereich für ihn besonders spannend. Das Rechtsgebiet liegt ihm sehr am Herzen, da er gerne mit den Verantwortlichen gemeinnütziger Einrichtungen zusammenarbeitet. Die Nöte von vielen Vereinen kennt er gut, da er selbst Vorstand von einigen solcher Einrichtungen ist. Auch ihm selbst gelingt es nicht immer, alle Vorgaben zu 100 Prozent umzusetzen.

 

Quelle: FUNDStücke 3-2022

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