Denkzettel

Fundraising während der Inflation: Jetzt erst recht!

Die Inflation ist da. Jetzt ist DIE Zeit des Fundraisings!

Letztens sprach ich privat mit einem ehrenamtlichen Helfer der Münchner Tafel. „Die Situation ist belastend und kräftezehrend“, sagte er zu mir und nahm einen tiefen Schluck aus einer Flasche Wasser. „Der Krieg hat alles verändert. Die Preise steigen, Lebensmittel werden knapp. Immer mehr Menschen brauchen unsere Hilfe – egal ob Geflüchtete aus der Ukraine, Afrika oder dem Nahen Osten. Auch immer mehr Menschen aus München, denen die Inflation zusetzt, wollen und müssen die Tafel in Anspruch nehmen.“

Schon nach diesem Teil des Gesprächs wurde mir klar, dass sich etwas verschärft in Deutschland. Die soziale Lage wird von Tag zu Tag angespannter.

„Die Lebensmittelknappheit führt zu weniger Lebensmittelspenden, die leeren Portemonnaies zu einem Ausbleiben von Geldmitteln. Und statt 350 Menschen, die früher pro Ausgabestation versorgt wurden, sind es nun bis zu 1.200. Aber was soll man machen, außer weiter“, endet er mit seinem charakteristischen bayrischen Akzent.

Als Zivilgesellschaft zusammenstehen

Das Gespräch erinnert mich an Berichte aus der Zeit der großen Depression vor gut einem Jahrhundert. Noch ist die Lage nicht so drastisch. Doch der Bedarf an Unterstützung ist groß und wird immer größer – gerade die Zivilgesellschaft ist jetzt gefragt. Denn die Regierungen in Europa wirken angesichts der multiplen Herausforderungen angespannt, niemand weiß der Situation so recht zu begegnen, kommen wir doch gerade aus der Hochphase einer weltweiten Pandemie.

Die Ereignisse überschlagen sich. Sicher geglaubte paradiesische Zustände, wie Frieden in Europa und stabile Preisgestaltung, haben sich innerhalb weniger Wochen in Luft aufgelöst. Die Angst vor dem sozialen Abstieg greift um sich, wie eine Studie der Unternehmensberater von McKinsey herausgefunden hat[1]. Es geht bergab, so das allgemeine Gefühl.

Zusammenzustehen ist in einer solchen Situation das Beste, was Menschen tun können. Haben wir das nicht während der Pandemie gelernt? Anscheinend nicht, vielleicht ist die Angst auch einfach zu groß. Denn in manchen Bereichen gehen die Spenden zurück.

Dabei sind sie gerade jetzt so wichtig!

Warum eigentlich?

Schon wenn es keine Krise gibt, sind viele Projekte chronisch unterfinanziert. In der Krise jedoch verschwinden diese Probleme nicht! Im Gegenteil: Am Beispiel der Tafel aus München zeigt sich, dass sie noch schlimmer werden. Und gerade jetzt schaut jeder auf sich selbst.

Doch bevor Sie jetzt denken „Was zeigt der mit dem Finger auf uns alle?“ – ich bin auch nicht besser. Auch mein Einkommen schrumpft de facto, der Warenkorb ist nicht mehr so prall gefüllt, der Strom wird teurer und ein um sich wütender Wladimir Putin macht mir große Sorgen. Ich schreibe nicht als jemand, der es besser macht, sondern im Namen aller, die sich wünschen, von NGOs gerade in dieser Zeit stärker abgeholt zu werden.

Liebe Fundraiser:innen, machen Sie weiter!

Gemeinnützige Organisationen in Deutschland und Europa dürfen jetzt nicht stillstehen. Die Menschen brauchen ihre Zivilgesellschaft, an der sie sich festhalten können – deren Unterstützung sie in Anspruch nehmen oder die sie selbst unterstützen können. Über die Zivilgesellschaft haben die Menschen wieder mehr Einfluss auf die Gestaltung ihrer Lebenswirklichkeit.

Aber wir müssen ihnen klar kommunizieren, warum es notwendig ist, jetzt Spender oder Spenderin zu werden oder zu bleiben.

Nur zusammen werden wir diese Zeit überstehen. Viele Bürgerinnen und Bürger haben das begriffen, wenn sie Geflüchtete aufnehmen oder sonntags auf den Marktplätzen stehen und Flagge für den Frieden zeigen. Sie sind das Rückgrat der Gesellschaft, die besten Spenderzielgruppen – sprechen Sie sie an!

Schreiben Sie Mailings, erzählen Sie Geschichten und werben Sie auf Social Media, plakatieren Sie die Straßen. Wir brauchen einander als Gemeinschaft. Wenn alle sich der Angst und einem Spardiktat unterwerfen, genau dann sollten NGOs das nicht tun, sondern zeigen:

„Wir sind da, wir sind wichtig und wir bleiben. Also: Bleibt auch ihr bei uns.“

 

Quelle:
[1] https://www.mckinsey.de/~/media/mckinsey/locations/europe%20and%20middle%20east/deutschland/news/presse/2022/2022-05-16%20consumer%20sentiment%20mai22/220516_european%20sentiment%20survey_germany_mai22.pdf

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