Fundraising-Instrumente

Die große Bedeutung der Produktarbeit für den Erfolg

Produktarbeit? Welche Produkte?

Kurz zur Klärung: Nein, natürlich haben Spenden sammelnde Organisationen im Normalfall keine Produkte, die sie verkaufen. Zumindest keine Zahnpasta, kein Auto, keine Übergangsjacke. Es ist trotzdem gut, wenn sie in ähnlichen Kategorien denken. Denn ihr Ziel ist es ja, die Menschen davon zu überzeugen, ihnen Geld zu geben. Und dafür sollten die Spenderinnen und Spender etwas bekommen: ideelle Werte, ein immaterielles Produkt – Wirkung.

Spendenprodukt = Wirkungsbeschreibung

Die Wirkung der Spende sollte die Organisation dem potenziellen Spender dabei so genau und konkret wie möglich vor Augen führen: „Mit 33 Euro können Sie einem Kind in Ghana einen Monat lang den Schulbesuch ermöglichen“. Das ist ein klassisches Spendenprodukt.

Es klingt einfach – und das soll es auch. Diese Aussage zu treffen, ist aber oft relativ komplex. Es gehört viel Projekterfahrung dazu, um die Wirkung einer bestimmten Spendensumme so herunterbrechen zu können. Und auch ein gewisses Abstraktionsvermögen. Natürlich müssen die Spendenprodukte nicht auf den Cent genau stimmen – sie müssen aber in jedem Fall nicht nur schlüssig, sondern auch belastbar sein.

Konkrete Spendenvorschläge mit Shopping List machen

Der Weg zu einem Katalog guter und konkreter Spendenvorschläge (=“Shopping List“ – aus gutem Grund Bestandteil fast jeder Spendenbitte) führt über die Produktarbeit. Dabei geht die Organisation an ihr Eingemachtes und stellt sich selbst aufrichtig die Frage: „Wofür brauchen wir das Geld der Spender genau? Wie werden wir es einsetzen, was werden wir damit bewirken?“ Als Agentur haben wir häufig die Erfahrung gemacht, dass die Zusammenarbeit mit uns hilfreich ist, weil wir den Blick von außen liefern. Als Mitarbeiterin oder Mitarbeiter einer Organisation ist es nicht leicht, die Innenperspektive zu verlassen. Wer außen steht, kann leichter erkennen, welche Aussagen zur Spendenwirkung zu schwammig, zu ungenau oder auch zu komplex sind.

Konkret sind für jedes Spendenprodukt folgende Punkte zu klären:

  • Welchen Nutzen hat unsere Arbeit? Was erreichen wir konkret damit? Welchen Unterschied können wir bewirken, wenn wir die Unterstützung der Spender erhalten?
  • Welche finanziellen Mittel benötigen wir, um den beschriebenen Unterschied zu bewirken?
  • Wie können wir sowohl die Wirkung als auch die dafür benötigten Mittel so herunterbrechen, dass sie für den einzelnen Spender überschaubar werden?

Ziel ist es, die Spenderperspektive einzunehmen und potenziellen Unterstützerinnen und Unterstützern zu vermitteln, dass ihre Spende eine konkrete Wirkung erzielt. Wenn wir bei unserem fiktiven Beispiel aus Ghana bleiben:

Organisationssicht

Laut Projektplan werden wir im kommenden Jahr 40.000 Euro benötigen, um in Ghana den bereits begonnenen Bau der Schule in Owabi fertigzustellen, ein Jahr lang die drei Lehrer zu bezahlen und Schulmaterial für ein Jahr und 100 Kinder anzuschaffen

Produktarbeit

40.000 Euro geteilt durch 100 Kinder und durch 12 Monate = 33,33 Euro pro Kind und Monat.

Spendersicht

Mit 33 Euro können Sie einem Kind in Ghana einen Monat lang den Schulbesuch ermöglichen.

Oft gehört zur Produktarbeit auch ein gewisser Mut zur Vereinfachung. Natürlich hängt an dem Ergebnis „Kind in Owabi kann Schule besuchen“ noch viel mehr als nur ein fertiges Gebäude, ein Lehrer mit Gehalt und einige Bücher, Hefte und Stifte. Die Hintergründe in einer Spendenbitte in ihrer ganzen Komplexität zu erläutern, ist aber nicht zielführend. Stattdessen kann man daraus wiederum eigene Spendenprodukte entwickeln, in denen es beispielsweise um Information und Aufklärung oder um Gesundheitsthemen geht.

„Bei uns ist das alles ein bisschen komplizierter“

Denken Sie jetzt vielleicht. Das kann gut sein. Aber wenn es uns gemeinsam nicht gelingt, Ihr Vorhaben und den entsprechenden Finanzierungsbedarf auf eine vergleichbare Liste an Spendenvorschlägen herunterzubrechen, dann liegen die Probleme in Ihrer Organisation wahrscheinlich tiefer. Auch daran kann und sollte man arbeiten.

Spendenprodukte bei Bauprojekten

Ein Sonderfall sind übrigens Bauprojekte. Hier bieten sich oft so genannte Capital Campaigns an – also Fundraisingkampagnen, die auf das Einsammeln einer großen Gesamtsumme abzielen. Sie wird in der Kommunikation als großes gemeinsames Ziel vorgegeben.

Auch hier ist es aber möglich und in den meisten Fällen auch ratsam, konkrete und überschaubare Spendenprodukte zu entwickeln. Manchmal sind die Spendensummen dann eher symbolisch zu verstehen. Hier ein fiktives Beispiel für den Bau eines Hospizes:

  • Wer 25 Euro spendet, finanziert einen Baustein.
  • Eine Spende von 120 Euro finanziert einen Tisch im Angehörigen-Café.
  • Wenn ein Großspender oder ein Unternehmen 100.000 Euro spendet, finanziert es damit Bau und Ausstattung eines ganzen Begegnungsraums.

Optisch lassen sich Capital Campaigns beispielsweise so darstellen:

Unterstützen Sie uns mit einer Spende!
25 € = ein Baustein5%
5%
120 € = Tisch & Stühle im Angehörigen-Café25%
25%
100.000 € = Kompletter Bau & Ausstattung eines Raumes80%
80%

An die Spendenhöhe kann eine Organisation übrigens auch Incentives knüpfen – den Namen des Spenders auf einem Baustein innerhalb der „Spenderwand“ im Eingang, eine Plakette auf einer Bank im Garten des fertigen Gebäudes, ein Baustein mit Namensplakette, den der Spender nach Hause geschickt bekommt.

Produktarbeit: Maßnahme #1

Eine solide Produktarbeit sollte eine der ersten Maßnahmen sein, die beim Aufbau eines systematischen und professionellen Fundraisings oder bei der Umsetzung einer Fundraisingkampagne auf der Liste stehen. Wer hier gründlich arbeitet, kann auf die Ergebnisse immer wieder zurückgreifen: Bei der Konzeption und Umsetzung eines Mailings, einer Großspenderbroschüre, eines Grundsatz-Spendenflyers, der Website usw. Die eigenen Spendenprodukte sauber zu entwickeln, spart später bei der Erstellung konkreter Fundraisingmaßnahmen nicht nur Zeit, sondern auch immer wieder neu aufflammende interne Diskussionen.

Autor:in

Friederike Hofmann

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